Die Blasenentzündung: häufig ein Dauerbrenner

Harndrang, lästiges Ziehen im Unterleib, Brennen und starke Schmerzen beim Wasserlassen: Das sind die Anzeichen für eine Blasenentzündung. Behandelt werden Harnwegsinfektionen nach wie vor häufig mit Antibiotika. Oftmals ist dann ein Kreislauf rezidivierender Infektionen die Folge. Bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen stehen dabei durchaus andere Behandlungsansätze z.B. in Form von phytotherapeutischen Arzneimitteln zur Verfügung.

Das Spektrum der Harnwegsentzündungen reicht von einer ungefährlichen unkomplizierten Harnblasenentzündung bis hin zu einer Nierenbeckenentzündung. Als unkompliziert gilt eine Harnwegsinfektion, wenn im Harntrakt keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien, Nierenfunktionsstörungen oder Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion bzw. Komplikationen begünstigen. Die Symptome einer akuten Zystitis sind zum Beispiel Schmerzen und Störungen beim Wasserlassen, imperativer Harndrang, Schmerzen oberhalb der Symphyse sowie weißlich trüber Urin. Von rezidivierenden Harnwegsinfektionen geht man aus, wenn die Infekte zweimal oder mehrmals in sechs Monaten, oder drei- bis mehrfach in zwölf Monaten auftreten.

Eine akute Infektion der unteren Harnwege ist eine typische Frauenerkrankung. Etwa die Hälfte aller Frauen hat mindestens einmal im Leben mit einem Harnwegsinfekt zu tun. In den meisten Fällen sind jüngere, sexuell aktive Frauen, aber auch Seniorinnen über 75 Jahre, insbesondere Bewohnerinnen von Pflegeeinrichtungen, betroffen. Rund 20 Prozent der Betroffenen leiden unter Rezidiven.

Die Gründe, warum Frauen häufiger von Harnwegsinfektionen betroffen sind als Männer, sind u.a. anatomischer Natur. Da die weibliche Harnröhre rund vier Zentimeter kürzer ist als die männliche, können Keime schneller in die Blase gelangen und dort die Schleimhaut entzünden. Als nachteilig erweist sich hier auch die unmittelbare Nähe von Harnröhre, Vagina- und Darmöffnung bei Frauen, denn so können Bakterien aus dem Darm leicht in die Harnröhre gelangen. Auch Geschlechtsverkehr erhöht das Risiko für eine Blasenentzündung, da dabei Darmbakterien leichter nach oben in Richtung Blase vordringen können. Frauen sind zudem während der Schwangerschaft oder im Klimakterium anfällig für Blasenentzündungen.

Grundsätzlich können auch Antibiotika das Infektionsrisiko erhöhen, da sie Einfluss auf die Darm- und Vaginalflora und die Schleimhäute haben und damit das Einnisten und Aufsteigen von Bakterien begünstigen.

Auslöser: Escherichia coli
Rund 80 Prozent aller Blasenentzündungen werden durch Bakterien der Art Escherichia coli verursacht, die vom After in die Harnröhre und dann in die Blasen gelangen können und dort zu einer Entzündung und Reizung der Blasenwand führen. Wissenschaftler haben im Mausmodell erste Hinweise gefunden, dass der Vaginalkeim Gardnerella vaginalis, der Scheideninfektionen verursacht, eine wesentliche Rolle als Trigger bei der Chronifizierung spielen könnte. Bei der Erstinfektion dringen die E. coli-Bakterien in Zellen der Blasenwand ein und verharren dort in einem Ruhezustand. Gelangen Gardnerella-vaginalis-Bakterien auch nur kurz in die Harnblase, tragen sie zur Aktivierung der E. coli-Bakterien und somit zu Entzündungsprozessen und Epithelschädigungen bei [1].

Therapie der unkomplizierten Harnwegsentzündung
Das obsterste Ziel der Therapie ist die Elimination des Keims aus den ableitenden Harnwegen. Da rund 30–50 % aller unteren Harnwegsinfekte innerhalb einer Woche spontan ausheilen, sollte nicht gleich mit einem Antibiotikum behandelt werden, sondern bei unkomplizierten Fällen möglichst in den ersten Tagen erst einmal abgewartet werden. In Zeiten steigender Antibiotikaresistenzen und angesichts der bekannten Nebenwirkungen einer Antibiotikatherapie sollte der Einsatz gut abgewogen werden. Eine Studie konnte zeigen, dass zwei Drittel Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen ohne Antibiotika gesund wurden. Hierzu reichte eine Behandlung mit Schmerzmitteln [2].

Während der Zeit, in der Sie abwarten, können Sie den Patienten folgende Maßnahmen empfehlen:

  • Viel Trinken! Mindestens 1,5 – 2 Liter Flüssigkeit pro Tag, um Blase und Harnleiter durchzuspülen und Keime auszuschwemmen (z.B. Blasen-Nieren-Tee oder Arzneitees mit Goldrute, Hibiskus, Hauhechel oder Schachtelhalm)
  • Kälte meiden!
  • Auf regelmäßige und vollständige Entleerung der Blase achten
  • Wärme applizieren, z.B. mit einer Wärmflasche oder feuchtwarmen Umschläge auf den Unterleib
  • Ballaststoffreiche Ernährung, um Verstopfungen zu vermeiden

Nicht immer lässt sich jedoch eine Antibiotikatherapie vermeiden. In folgenden Fällen ist sie bei Harnwegsbeschwerden angezeigt:

  • hohes Fieber, Schüttelfrost
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Hämaturie (Erythrozyten bzw. Blut im Urin)
  • Schmerzen in der Nierengegend
  • extreme Schmerzen und Krämpfe beim Wasserlassen.

Cave: Bei Kindern und Schwangeren sollten Sie besonders vorsichtig sein. Gerade bei Kindern mit Harnwegsinfekten liegen häufig anatomische oder funktionelle Anomalitäten mit Harnabflussstörungen vor.

Nicht-antibiotische Therapieoptionen
Grundsätzlich gilt, dass vor begleitenden naturheilkundlichen Therapien von Harnwegsbeschwerden ein malignes Geschehen oder eine komplizierte Erkrankung ausgeschlossen sein muss.

Ist dies der Fall, können u.a. pflanzliche Arzneimittel zum Einsatz kommen. Sie fördern z.B. die Nierendurchblutung und die Durchspülung der Harnwege. Ferner haben sie antiinfektiöse, antimikrobielle, antiphlogistische, aquaretische, spasmolytische oder immunstimulierende Effekte. Birkenblätter, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Brennnesselkraut, Schachtelhalmkraut wirken beispielweise durchspülend. Bärentraubenblätter, Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel antibakteriell. Für die in Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse enthaltenen Senfölglykoside konnten auch antivirale Wirkungen nachgewiesen werden. Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium) enthalten Gerbstoffe, Flavanole und Phenolkarbonsäuren und wirken antiphlogistisch, antibakteriell, harndesinfizierend sowie antiphlogistisch.

Die Wirkstoffe des Echten Goldrutenkrauts (Solidago virgaurea) sind für seine diuretisch/aquaretische, immunmodulierende, antiphlogistische und spasmolytische Wirkung verantwortlich. Ackerschachtelhalmkraut (Equisetum arvense) enthält Kieselsäure und Silikate, Flavonoide (insbesondere Kämpferol und Quercetin) sowie geringe Mengen von Alkaloiden wie Nikotin. Es wirkt aquaretisch, stoffwechselanregend sowie antioxidativ. Gänsefingerkraut (Potentilla anserina) enthält Flavonoide und ist reich an Gerbstoffen, die den Bakterien durch ihre adstringierende Wirkung das Einnisten in die Schleimhaut erschweren und eine oberflächliche Schutzschicht auf der Schleimhaut bilden. Toxische Substanzen und pathogene Keime können sich so nicht ansiedeln. Darüber hinaus wirkt Gänsefingerkraut entzündungshemmend, krampflösend und antiseptisch.

Rezidivprophylaxe
Das Rezidivrisiko kann durch den regelmäßigen Verzehr von Fruchtsäften aus Beeren sowie von mit probiotischen Bakterien fermentierten Milchprodukten gesenkt werden. Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten hat sich insbesondere Cranberrysaft bewährt. Die im Saft enthaltenen Proanthocyanidine fördern die Keimausschwemmung durch den Urin und hemmen die Anhaftung der Bakterien an der Schleimhaut.

Prophylaktisch sollte auch eine übertriebene Intimhygiene vermieden werden, da die Vaginalflora und die Schleimhäute der Blase, Harnleiter und Vagina einen wichtigen Schutzmantel vor eindringenden Keimen bilden. Die dort ansässigen Milchsäurebakterien können durch zu häufiges oder falsches Waschen zurückgedrängt werden, was Scheidentrockenheit, Pilze, bakterielle Fehlbesiedelung der Scheide, vermehrten Scheidenausfluss sowie Harnwegs-, Scheiden- oder vaginale Infektionen begünstigt. Deshalb sollten bei der Intimpfleg aggressive und parfümierte Seifen, Duschgele, Intimsprays, Deos, Duftstoffe gemieden und auf Alkohol oder Farb- und Konservierungsstoffe verzichtet werden.

Quellen

  1. Nicole M. Gilbert et al.: Transient microbiota exposures activate dormant Escherichia coli infection in the bladder and drive severe outcomes of recurrent disease",.PLoS Pathogens, doi: 10.1371/journal.ppat.1006238
  2. Ildikó Gágyor, Jutta Bleidorn, Michael M Kochen, Guido Schmiemann, Karl Wegscheider, Eva Hummers-Pradier. Ibuprofen versus fosfomycin for uncomplicated urinary tract infection in women: randomised controlled trial. BMJ 2015;351:h6544, doi: 10.1136/bmj.h6544
Nichts ist so heilsam, wie die Natur.