Risiko für Harninkontinenz steigt bei Frauen mit Übergewicht

Das Gewicht könnte ein lohnender Ansatzpunkt bei Patientinnen mit Harninkontinenz sei. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Harninkontinenz bei Frauen untersucht hat. Es zeigte sich ein deutlich dosisabhängiger Zusammenhang zwischen BMI und Harninkontinenzrisiko.

Bekannt ist schon länger, dass stark übergewichtige Frauen deutlich häufiger unter Inkontinenz leiden als schlanke. Die Ursachen hierfür sind nicht abschließend geklärt. Ein Forscherteam ging deshalb in einer Metaanalyse dem Zusammenhängen genauer auf den Grund. Sie wollten untersuchen, ob es eine „dosisabhängige" Assoziation zwischen BMI und Harninkontinenz gibt.

Die britischen Forscher aus London werteten für ihre Analyse Daten aus 24 Studien aus, von denen 14 bevölkerungsbasiert waren. Acht Studien stammten aus den USA, fünf aus Europa und eine aus Australien. Die zehn übrigen Kohortenstudien beschränkten ihre Untersuchungen auf schwangere Frauen. Die große Fallzahl (teilweise über 19 000 Fälle bei über 107 000 Teilnehmerinnen) sorgte laut der Wissenschaftler für eine ausreichende statistische Aussagekraft ihrer Ergebnisse.

Pro Kilogramm steigt das Risiko
Das Forscherteam konnte eine annähernd lineare, „dosisabhängige" Assoziation zeigen: Mit zunehmendem BMI stieg auch das Inkontinenzrisiko, und zwar jeweils um 20 Prozent pro fünf BMI-Einheiten. Bei schwer adipösen Frauen stieg das relative Risiko um das Zwei- bis Fünffache; aber auch innerhalb des normalen BMI-Bereichs konnte eine Assoziation zwischen Gewicht und Harninkontinenz beobachtet werden. Das Risiko für eine „schwere" Inkontinenz stieg um 52 Prozent pro fünf BMI-Punkte.

Eine Gewichtszunahme um jeweils zehn Kilogramm war mit einem Risikoanstieg um 34 Prozent verknüpft und eine Zunahme des Taillenumfangs um jeweils zehn Zentimeter mit einem Anstieg um 18 Prozent. Dieser Zusammenhang war auch zu beobachten, nachdem andere potenzielle Einflussfaktoren wie Alter, Erkrankungen wir Diabetes oder Bluthochdruck, körperliche Aktivität, vorangegangene Geburten, eine Hysterektomie, die Einnahme von Arzneien wir Diuretika oder Kontrazeptiva sowie eine Hormonersatztherapie berücksichtigt worden waren.

Unterschiede je nach Inkontinenztyp
Der stärkste Risikoanstieg war bei der gemischten Harninkontinenz zu verzeichnen (52 %). Aber auch bei der reiner Belastungs- bzw. Dranginkontinenz stieg das Risiko an (33 %/26 %; jeweils pro fünf BMI-Punkte). Allerdings fanden sich bei der Dranginkontinenz Hinweise auf Nichtlinearität, denn die die Kurve im BMI-Bereich zwischen 17,5 und 25 flachte ab. Bei Schwangeren wiederum stieg das Inkontinenzrisiko bei starkem Übergewicht besonders deutlich.

Verschiedene Erklärungsansätze denkbar
Als Erklärung für die festgestellte Assoziation könnten verschiedenen Mechanismen verantwortlich sein, so die Forscher. So gehe die abdominelle Adipositas mit einem erhöhten intraabdominellen Druck und auch erhöhtem Druck in der Blase einher. Tierversuche haben gezeigt, dass Übergewicht nicht nur die Insulinresistenz, sondern auch die Entleerungsfrequenz der Blase steigert. Bei adipösen Ratten konnten die Wissenschaftler vermehrt Lipidablagerungen in den quergestreiften Muskelfasern der Harnröhre beobachten, die zu Funktionsstörung der Harnröhre führte.

Die Forscher ziehen das Fazit: Ärzte und Therapeuten sollten die Patientinnen mit Inkontinenz auf einen möglichen Zusammenhang mit Übergewicht aufmerksam machen.

Quelle:
D Aune, Y Mahamat Saleh, T Norat, E Riboli: Body mass index, abdominal fatness, weight gain and the risk of urinary incontinence: a systematic review and dose–response meta‐analysis of prospective studies. BJOG, 2019; 126 (12), 1424-1433

Nichts ist so heilsam, wie die Natur.