Skandinavische Wissenschaftler sind der Frage nachgegangen, ob die Trauer über den Tod eines Elternteils mit einem erhöhten Risiko für ischämische Herzkrankheit und Schlaganfall verbunden ist. Darüber hinaus wollten sie wissen, ob die Merkmale des Verlusts einen Einfluss auf das Risiko haben? Sie konnten zeigen, dass der Tod eines Elternteils mit einem um 41 % erhöhten Risiko für ischämische Herzkrankheit und einem 30 % höheren Risiko für Schlaganfälle korreliert.
Frühere Studien lieferten Hinweise, dass der Tod eines Ehepartners im mittleren und höheren Alter mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Mortalität verbunden ist. Einige wenige Studien haben auch über ein erhöhtes Risiko für ischämische Herzkrankheiten, Schlaganfall und Vorhofflimmern nach dem Verlust eines Ehepartners, eines Geschwisterteils oder eines Kindes berichtet.
Bisher war jedoch das Wissen über den Zusammenhang zwischen dem Tod der Eltern und dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen begrenzt. Einige Studien, die dieser Frage nachgingen, haben sich auf die Exposition in der Kindheit konzentriert, wahrscheinlich weil der Verlust eines Elternteils im Erwachsenenalter als universelle Erfahrung angesehen wird.
Die skandinavischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen jedoch davon aus, dass der Tod eines Elternteils im Erwachsenenalter ebenfalls starke emotionale Auswirkungen und Folgen für die kardiovaskuläre Gesundheit haben kann. Anhand einer großen Kohorte, die in den 1970er bis 1990er Jahren in zwei nordischen Ländern geboren wurde, untersuchten Sie deshalb, ob der Tod der Eltern bis zum Alter der Nachkommen von 43 Jahren mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall verbunden war und ob sich diese Assoziationen nach den Merkmalen des Verlustes unterschieden.
An dieser bevölkerungsbasierten Kohortenstudie, bei der mehrere landesweite Register miteinander verknüpft wurden, nahmen 3.766.918 Probanden teil, die zwischen 1973 und 1998 in Dänemark bzw. zwischen 1973 und 1996 in Schweden auf die Welt kamen. Die Teilnehmenden wurden in Dänemark bis 2016 und in Schweden bis 2014 beobachtet.
Insgesamt stammten 42,7 % der Teilnehmenden aus Dänemark, der Rest aus Schweden. 48,8 % der Probandinnen und Probanden waren Frauen. Insgesamt verloren 523.496 Teilnehmende während des Studienzeitraums einen Elternteil (mittleres Alter bei Verlust: 25 Jahre; IQR, 17–32 Jahre). Der Tod eines Elternteils war mit einem um 41 % erhöhten Risiko für ischämische Herzerkrankung und einem um 30 % erhöhten Risiko für Schlaganfall verbunden. Die Assoziationen wurden nicht nur beobachtet, wenn ein Elternteil aufgrund kardiovaskulärer oder anderer natürlicher Ursachen starb, sondern auch bei unnatürlichen Todesfällen. Die Korrelation war stärker, wenn beide Elternteile gestorben waren gegenüber dem Tod nur eines Elternteils, unterschieden sich jedoch nicht wesentlich je nach Alter der Nachkommen bei Verlust oder dem Geschlecht der verstorbenen Eltern. Das Risiko eines akuten Myokardinfarkts war in den ersten drei Monaten nach dem Verlust am höchsten.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Betroffene, ihre Familienangehörigen und Angehörige von Gesundheitsberufen auf das erhöhte kardiovaskuläre Risiko bei Hinterbliebenen achten sollten.
Originalpublikation
Chen H, Li J, Wei D, et al. Death of a Parent and the Risk of Ischemic Heart Disease and Stroke in Denmark and Sweden. JAMA Netw Open. 2022;5(6):e2218178. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.18178