Blähungen sind normal – solange sie nicht überhand nehmen und ihnen ernste Erkrankungen zugrunde liegen. Doch wann sind Blähungen unbedenklich, wann krankhaft? Wie verhindert oder verringert man die lästigen Blähungen? Und welche ernsten Erkrankungen können sie auslösen?
Luftansammlungen im Magen und Darmgase sind völlig normal. Im Regelfall verursachen sie keine Probleme, da der Darm die Luft transportieren kann und die Gase dem Körper unbemerkt entweichen. Bei gesunden Menschen kommt es beispielsweise 13 bis 25-mal am Tag zum Abgang von Winden. Doch es gibt auch ernsthafte Erkrankungen, die Blähungen verursachen. Außerdem können sie Anzeichen eines ungesunden Ernährungs- und Lebensstils sein. Deswegen sollten Sie eine sorgfältige Anamnese und Diagnostik durchführen, wenn Ihre Patienten von (starken) Flatulenzen berichten. Diese liefern wichtige Hinweise auf Symptome, Ursachen und Auslöser sowie Schweregrad der Beschwerden. Dabei sollte nach dem Auftreten von Magen-Darmerkrankungen in der Familie, den Symptomen, Vorerkrankungen und bestehender Medikation sowie psychosozialer Belastung gefragt werden.
Bedenken sollten Sie auch physiologische Ursachen für Blähungen, wie:
Auslöser und Diagnose
Flatulenzen werden häufig durch Maldigestions- oder Malabsorptionssyndrome verursacht, die zu einer vermehrten Gasbildung führen. Nahrungsbestandteile gelangen dann unverdaut in den Dickdarm und werden dort von Bakterien zersetzt. Überprüfen Sie deshalb, ob eine Nahrungsmittelunverträglichkeit z.B. auf Laktose-, Fruktose-, Histamin oder Gluten vorliegt. Ein Ernährungs- und Symptomtagebuch kann helfen, herauszufinden, welche Lebensmittel individuell nicht vertragen werden. Weitere Tests zur Abklärung von Unverträglichkeiten und Intoleranzen können angezeigt sein.
Das Ernährungstagebuch kann auch Hinweise auf einen möglicherweise übermäßigen Konsum von blähenden Lebensmitteln wie Kohlarten, Hülsenfrüchte und Zwiebeln oder schwer verdaulichen Ballaststoffen oder Rohkost liefern. Ballaststoffe können Blähungen verursachen, vor allem, wenn der Körper nicht daran gewöhnt ist. Den aufblähenden Effekt von kohlensäurehaltigen Getränken kennt jeder. Aber auch alkoholische Getränke, Fruchtsäfte, Zuckeraustauschstoffe bzw. Zuckeralkohole wie Sorbit und zu viel Kaffee gelten als blähungsfördernd.
Darüber hinaus können auch Stress, die blähende Wirkung von Medikamenten (z.B. Entzündungshemmer, Antidiabetika, Antibiotika, Schmerzmittel oder Abführmittel) und Lebensstilfaktoren wie Bewegungsmangel hinter den Blähungen stecken.
Zu den Darmerkrankungen, die mit Blähungen einhergehen können, zählen das Reizdarmsyndrom, akute Darmentzündungen oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Divertikulitiden, Darmstenosen, ein Kurzdarmsyndrom sowie Zwölffingerdarmgeschwüre. Außerdem muss eine mögliche bakterielle Fehlbesiedelung des Darms in Betracht gezogen werden. Erkrankungen der Speiseröhre, der Leber oder der Bauchspeicheldrüse müssen ebenfalls differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Patienten mit diabetischer Gastroparese, Reflux-Erkrankungen, Gallensteinen und Gallenblasenentzündungen oder Magengeschwüren, chronischer Pankreatitis oder exokriner Pankreasinsuffizienz neigen ebenfalls zu erhöhter Flatulenz. Nicht zuletzt kommen auch Krebserkrankungen im Bauchraum als mögliche Auslöser der Windabgänge in Frage. Treten Blähungssymptome neu und akut auf und sind sie von starken Schmerzen oder Verstopfung begleitet, kann es sich um einen ernsthaften Notfall (z.B. Darmverschluss) oder ein akutes Abdomen handeln. Gelegentlich leiden Patienten (insbesondere Männer) neben den Blähungen zusätzlich unter pektanginösen Herzbeschwerden und Herzrhythmusstörungen (Roemheld-Syndrom). Hier führt die Gasansammlung im oberen Bauchraum zu einem Zwerchfellhochstand, einer Verlagerung des Herzens und einer beeinträchtigten Herzfunktion.
Therapeutische Maßnahmen
Die Therapie richtet sich nach Ausmaß der Flatulenz, weiteren Symptomen und eventuellen zugrunde liegenden Erkrankungen sowie potentiellen Folgen. Bei leichteren Symptomen reicht häufig eine Anpassungen des Lebensstils und der Ernährungsgewohnheiten. Bei ursächlichem Stress sind Bewältigungstechniken wie autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder Yoga ein möglicher Therapieansatz. Wichtig ist zudem regelmäßige Bewegung, um die Darmmotilität anzuregen.
Welche Lebensmittel vertragen bzw. nicht vertragen werden, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Auch die Zubereitung hat einen Einfluss auf die Verträglichkeit. Daher muss häufig individuell ausgetestet werden, welche der ermittelten auslösenden Lebensmittel weggelassen werden sollten und welche Zubereitungsform vertragen wird. Als besonders blähungsfördernd gelten insbesondere folgende Lebensmittel:
Darüber hinaus lohnt es sich, den Patienten einige einfache allgemeine Mahlzeiten-Regeln an die Hand zu geben:
Verdauungsfördernde Gewürze wie z. B. Kümmel, Anis, Koriander, Majoran, Ingwer können Blähungen vorbeugen. Die Karminativa Fenchel, Kümmel oder Anis wirken entblähend, verdauungsfördernd und spasmolytisch. Auch Pfefferminze wirkt krampflösend. Kamillentee und Ingwer sind ebenfalls geeignete Hausmittel. Pflanzliche Bitterstoffe wie in Angelikawurzel, Benedikten- oder Beifußkraut, Enzian, Löwenzahn, Rosmarin oder Wermut fördern die Darmmotilität und unterstützen Leber und Galle bei der Verdauung von Fetten. Bitterstoffe können in Fertigextrakten, als Tee, Tinktur, Frischpflanzensaft oder als alkoholischer Auszug eingenommen werden. Hier haben sich pflanzliche Kombinationspräparate mit ihren additiv synergistischen Wirkungen bewährt. Ein Beispiel ist Gastritol® Liquid, ein Magen-Darm-Mittel, das bei leichten Verdauungsbeschwerden sowie leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt indiziert ist. Die Tinktur enthält Auszüge aus Kamillenblüten, Gänsefingerkraut, Süßholzwurzel, Angelikawurzel, Benediktenkraut und Wermutkraut. Auch Nahrungsmittel wie Löwenzahnsalat, Chicorée, Radicchio, oder Kräuter wie Bohnenkraut, Dill und Salbei können reich an Bitterstoffen sein. Zu bedenken ist hier, dass von den frischen Kräutern eine extrem viel höhere Gewichtsmenge eingenommen werden muss, um auf denselben Wirkstoffgehalt der Fertigextrakte zu kommen.
Je nach Diagnose und Schmerzsymptomatik ist eine medikamentöse Therapie in Betracht zu ziehen: Entschäumer (z. B. Simeticon) sorgen dafür, dass die Gase über das Blut zur Lunge transportiert und anschließend abgeatmet werden. Bei Reizdarm und Verstopfung können Prokinetika (z.B. Metoclopramid und Domperidon) angezeigt sein, die die Motilität des Darms erhöhen, die Magen-Darm-Passage beschleunigen und so Gärungsprozesse reduzieren. Bei akuten starken Schmerzen können über einen kurzen Zeitraum entkrampfende und schmerzlindernde Spasmolytika verabreicht werden. Besteht ein nachgewiesener Mangel an Pankreasenzymen, sind Enzympräparate sinnvoll, jedoch sollten diese nicht bei einer akuten Entzündung verordnet werden. Die konventionelle Therapie von Patienten mit dokumentierter Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO) und extremer Gasbildung im Oberbauch oder auch Durchfällen sieht die Eradikation bzw. Reduktion der Dünndarmüberwucherung durch Antibiotika (z. B. Rifaximin) oder Magnesiumperoxid vor.