Signale aus dem Darm können bekanntermaßen unser Gehirn beeinflussen. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass die Kommunikation zwischen Gehirn und Darm keine Einbahnstraße ist. Vielmehr wandern auch Zellen vom Gehirn in den Darm und können so Krankheiten vermitteln. Dies könnte ein Erklärungsansatz sein, warum einige neurologische Erkrankungen mit Veränderungen im Darm einhergehen.
Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse reguliert unser Körper verschiedenste Prozesse. Veränderungen im Darm können sich nicht nur auf die Verdauung, sondern auch auf die psychische Gesundheit und das Nervensystem auswirken. So weiß man heute, dass viele neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose oder Depressionen mit Problemen im Darm zusammenhängen. Mehrere Publikationen haben bereits gezeigt, dass Immunzellen aus dem Darm ins Gehirn wandern können.
Eine aktuelle Untersuchung hat nun überprüft, ob die Kommunikation auch in umgekehrter Richtung funktioniert. Dafür wurde an Mäuse mit Parkinson-ähnlichen Symptomen im Gehirn untersucht, ob Proteine neuronalen Ursprungs sich im Darm der Tiere wiederfinden. Tatsächlich zeigte sich, dass Zellen auch vom Gehirn in den Darm wandern und so an der Ausbreitung von Krankheiten beteiligt sind.
Protein-Transport zwischen Gehirn und Darm
Bei der Parkinsonerkrankung spielt eine bestimmte Ansammlung des Proteins alpha-Synuclein (αSyn), das für das Absterben der Gehirnzellen verantwortlich ist, im Gehirn eine Rolle. Das Protein gilt als ein Leitsymptom der Parkinsonerkrankung.
In dem Mausmodell entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass diese Proteine vom Gehirn in den Darm der Mäuse wandern und dort Störungen verursachen. Interessanterweise fanden die Forscherinnen und Forscher diese Proteinansammlungen nicht in den Neuronen, die im Darm ein autonomes enterisches Nervensystem steuern, sondern in den Makrophagen, die eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern und der Beseitigung von Schadstoffen im Körper spielen. Die Einzelzellsequenzierung zeigte, dass Gehirn und Darm eine identische Teilmenge wandernder Makrophagen enthalten, die in anderen Immunorganen wie der Milz fehlt.
Um eindeutig testen zu können, ob Makrophagen vom Gehirn in den Darm wandern, haben die Forschenden eine Methode entwickelt, mit der sie Zellen im Gehirn markieren und ihre Wanderung in andere Organe verfolgen können. Dafür nutzen sie eine grün fluoreszierende Proteinmarkierung, die nach Anregung durch Licht rot wurde.
Erkenntnisse auch für andere neurologische Krankheiten relevant
Die Ergebnisse deuten auf eine einzigartige Kommunikation zwischen Gehirn und Darm hin und lassen vermuten, dass diese Kommunikation an der Ausbreitung der Parkinson-Krankheit beteiligt ist. Vor allen Dingen konnten die Forschenden auch sehen, dass Makrophagen nicht nur bei Parkinson, sondern auch unter Kontrollbedingungen vom Gehirn in den Darm wandern, was den Befunden eine breitere Relevanz für andere neurologische Erkrankungen verleihe. Die Forschenden schlussfolgern, dass die Zellen auch die Ausbreitung der Krankheit bei anderen neurologischen Erkrankungen fördern.
Wie geht es weiter?
In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden die wandernden Zellen vollständig charakterisieren und die sogenannten Homing-Moleküle identifizieren, welche diese Zellen in den Darm leiten. Sobald diese Moleküle identifiziert seien, könnten Therapeutika entwickelt werden, die auf sie abzielen und hoffentlich den Krankheitsverlauf bei Parkinson und anderen neurologischen Erkrankungen aufhalten, hoffen die Studienautorinnen und -autoren.