Niacin: Möglicher Risikofaktor für Herz- und Gefäßkrankheiten

Wieso haben manche Menschen auch ohne klassische Risikofaktoren wie einen hohen Cholesterinspiegel ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall? Dieser Frage ist ein internationales Forschungsteam nachgegangen. Es hat untersucht, was im Blutkreislauf betroffener Menschen kursiert und was sie von anderen unterscheidet. Dabei stießen auf Stoffwechselendprodukte von überschüssigem Niacin.

Die Forschenden sind im Rahmen ihrer Studien darauf gestoßen, dass die Stoffwechselendprodukte von Niacin das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen über einen Entzündungsmechanismus steigern.

Um herauszufinden, welche bislang unentdeckten Risikofaktoren eine Rolle für Herz- und Gefäßerkrankungen spielen könnten, analysierte das Forschungsteam aus den USA und Deutschland Blutproben von über 1.000 Patientinnen und Patienten, die eine Herzerkrankung hatten. Sie suchten nach kleinen Molekülen, deren Spiegel die Wahrscheinlichkeit von Herz- und Gefäßkrankheiten unabhängig von traditionellen Risikofaktoren vorhersagen konnten. Zwei Moleküle waren besonders auffällig. Es handelt sich um die Substanzen 2PY und 4PY, die beide Stoffwechselendprodukte von überschüssigem Niacin sind.

Niacin ist auch als Vitamin B3 bekannt. Etwa 15 Milligramm sollten Erwachsene pro Tag zu sich nehmen. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist man im Regelfall ausreichend versorgt. In den USA litten allerdings während der Großen Depression in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts viele US-Amerikanerinnen und Amerikaner an lebensbedrohlichen Vitamin-B3-Mangelerscheinungen. Deshalb wird dort bis heute Mehl und Getreideprodukten Niacin zugesetzt. Durch die heute übliche Ernährung führt das inzwischen zu einer Überversorgung der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass Niacin und andere Stoffe, die im Körper zu den gleichen Abbauprodukten verstoffwechselt werden, als Nahrungsergänzungsmittel zum Anti-Aging frei verkäuflich sind.

Entzündliche Prozesse sind für Herz-Kreislauf-Risiken im Zusammenhang mit Niacin verantwortlich
Die Forschenden gingen dem Zusammenhang zwischen Niacin und  Herz-Kreislauferkrankungen weiter auf den Grund und fanden heraus, dass der Weg von hohen 2PY- und 4PY-Spiegeln zum erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen über entzündliche Prozesse der Gefäße verläuft.

Paradoxerweise kann Niacin den Cholesterinspiegel senken und wurde in der Vergangenheit als Cholesterinsenker in klinischen Studien getestet, führte aber dadurch nicht wie zu erwarten zu einer Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Zusammenhänge seien also komplex, und die neuen Erkenntnisse würden gut zu diesem Paradox passen, so die Forschenden.

Originalpublikation
Ferrell M, Wang Z, Anderson JT et al. A terminal metabolite of niacin promotes vascular inflammation and contributes to cardiovascular disease risk. Nat Med. 2024 Feb; 30(2): 424-434.
doi: 10.1038/s41591-023-02793-8.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum über idw-online.de

Nichts ist so heilsam, wie die Natur.