Mangelnde Evidenz für D-Mannose in der Prävention von Harnwegsinfektionen

Eine aktuelle Studie hat untersucht, ob D-Mannose rezidivierende Harnwegsinfektionen bei Frauen verhindern kann. Die Ergebnisse bestätigen, worauf frühere Arbeiten schon hingedeutet haben: D-Mannose allein reicht offensichtlich nicht aus, um wiederkehrenden Harnwegsinfektionen bei Frauen vorzubeugen.

Etwa die Hälfte aller Frauen hat mindestens einmal im Leben mit einem Harnwegsinfekt zu tun. Rund 20 Prozent der Betroffenen leiden unter Rezidiven. Laut S3-Leitlinie „Unkomplizierte Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen“ kann bei rezidivierender unkomplizierter Zystitis bei Frauen in der Prämenopause neben Phytotherapeutika auch D-Mannose präventiv zur Vermeidung von Rezidiven eingesetzt werden. 

D-Mannose ist ein Zucker, der Teil des normalen menschlichen Stoffwechsels ist und in Früchten und Gemüsen vorkommt. Der angenommene Wirkmechanismus bei Harnwegsinfektionen besteht darin, dass das Anhaften von Bakterien an den Uroepithelzellen verhindert wird. Die auf D-Mannose basierenden Inhibitoren könnten die Adhäsion und das Eindringen von uropathogenen Escherichia coli in die Uroepithelzellen blockieren. Es wird davon ausgegangen, dass die Bakterien dann im Wesentlichen durch das Wasserlassen ausgeschieden werden. Bisher konnte der Effekt nur in Studien in der Sekundärversorgung gezeigt werden, aber die Wirksamkeit in placebokontrollierten Studien und in der Allgemeinbevölkerung konnte bisher nicht ausreichend beleget werden, so die Studienautorinnen und -autoren.

Deshalb haben sie nun in einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie untersucht, ob eine sechsmonatige Einnahme von D-Mannose den Anteil der Frauen mit ärztlich diagnostizierten rezidivierenden Harnwegsinfektionen verringern kann. 

Die Studie wurde an 99 Primärversorgungszentren in Großbritannien durchgeführt. Es wurden die Daten von 598 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren (18–93), die wegen mindestens zwei Harnwegsinfektionen in den vorangegangenen sechs Monaten oder drei Harnwegsinfektionen in zwölf Monaten in ärztlicher Behandlung waren, ausgewertet. Die Probandinnen wurden auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die Verum-Gruppe (303 Probandinnen) erhielt täglich je zwei Gramm D-Mannose-Pulver. Die Kontrollgruppe (295 Probandinnen) die gleiche Menge eines Placebopulvers. Der primäre Endpunkt war der Anteil der Frauen, die innerhalb von sechs Monaten nach Studienbeginn mindestens eine weitere Episode einer klinisch vermuteten Harnwegsinfektion hatten, wegen der sie eine ambulante Einrichtung aufsuchten. 

Keine signifikanten Unterschiede 
Die Studie zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Der Anteil der Teilnehmerinnen, die sich mit einem klinischen Verdacht auf eine Harnwegsinfektion innerhalb von sechs Monaten in die ambulante Versorgung begaben, lag in der D-Mannose-Gruppe bei 51,1 %, in der Placebo-Gruppe bei  55,7 %. Es gab auch keine statistisch signifikanten Unterschiede bei den sekundären Ergebnisgrößen wie Symptomdauer, der Antibiotikaverbrauch, die Zeit bis zur nächsten ärztlich behandelten Harnwegsinfektion, die Anzahl der vermuteten Harnwegsinfektionen und die mit Harnwegsinfektionen verbundenen Krankenhauseinweisungen.

Frühere Arbeiten zum Thema
Eine Cochrane-Arbeitsgruppe hatte bereits 2022 die wissenschaftliche Datenlage zur Evidenz von D-Mannose bei Harnwegsinfektionen untersucht. Sie war damals zu dem Ergebnis gekommen, dass bisherige Studien keine eindeutigen Hinweise darauf liefern, die den Einsatz von D-Mannose zur Vorbeugung oder Behandlung von Harnwegsinfektionen in allen Bevölkerungsgruppen unterstützen oder widerlegen.

Originalpublikation
Hayward G, Mort S, Hay AD et al. d-Mannose for Prevention of Recurrent Urinary Tract Infection Among Women: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2024 Jun 1; 184(6):619-628. doi: 10.1001/jamainternmed.2024.0264.

Nichts ist so heilsam, wie die Natur.