Phytotherapie bei funktionellen Herzbeschwerden

Viele Patienten, die einen Arzt oder Heilpraktiker wegen Herzbeschwerden aufsuchen, leiden nicht an einer organischen Herz-Kreislauf-Erkrankung, sondern an funktionellen Störungen des Herz-Kreislauf-Systems wie nervöse Herzbeschwerden, Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen. Pflanzliche Arzneimittel bieten hier neben Lebensstilmodifikationen wirksame Therapieansätze in der Primär- und Sekundärprävention.

Nicht selten kommen Patientinnen und Patienten mit unklaren Herzbeschwerden in die Naturheilpraxis und beschreiben Symptome wie Herzziehen, Herzenge, Herzstolpern oder -klopfen sowie Atemnot. Häufig werden diese Beschwerden begleitet von vegetativ verursachten Symptomen wie Angst, Schlafstörungen, Unruhe oder Erschöpfung. Im Regelfall haben die Patienten bereits eine kardiologische Abklärung hinter sich, die keinen pathologischen Befund ergab. Falls nicht, sollte diese Abklärung unbedingt erfolgen, denn die Diagnose „Funktionelle Herzbeschwerden" ist eine Ausschlussdiagnose.

Als Ursachen werden u.a. Stress, Einsamkeit, Ärger und Kummer sowie seelische Belastung diskutiert. Die Herzbeschwerden können auch durch hormonelle Umstellung, Schilddrüsenüberfunktion, Kalium- oder Magnesiummangel, Probleme der Brustwirbelsäule sowie das Roemheld-Syndrom hervorgerufen werden.

Grundsätzlich gilt eine Lebensstilmodifikation mit gesunder Ernährung in Kombination mit körperlicher Aktivität, Nikotinverzicht und reduziertem Alkoholkonsum sowie Stressreduktion als effektive Maßnahme in der Bekämpfung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus bietet die Phytotherapie wirksame therapeutische Maßnahmen in der Sekundärprävention oder Therapie von insbesondere funktionellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Phytotherapeutika werden bei Herzproblemen in erster Linie eingesetzt bei:

  • nervösen Herzbeschwerden
  • altersbedingten degenerativen Veränderungen des Herzmuskels und der Koronarien
  • beim Altersherz
  • Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium I–II)
  • Herzrhythmusstörungen

Die Heilpflanzen können in Form von Tees, Flüssigextrakten, Tabletten, Dragees und Kapseln oder als Frischpflanzenpresssaft verabreicht werden. Aber auch als Bäderzusatz, Wickel, Herzauflage oder in Form von Salben kommen sie zum Einsatz.

Heilpflanzen beim nervösen Herzen
Die typischen Symptome für nervöse Herzbeschwerden sind: Herzrasen, Brustenge, Herzstolpern, Atemnot und Panikattacken. Da sie häufig begleitet werden von Unruhe, Nervosität sowie Schlafstörungen, Erschöpfung und Stressempfingen, müssen die verordneten pflanzlichen Therapeutika nicht nur das Herz stärken, sondern auch beruhigen.

Potente Heilpflanzenkombinationen sind deshalb bei nervösen Herzbeschwerden neben dem herzkräftigenden Weißdorn, und dem Herzgespann mit seiner hormonregulierenden Wirkung, beruhigende Heilpflanzen wie Melisse, Baldrian, Passionsblume und Johanniskraut. Vorzugsweise sollten diese stärenden und beruhigenden Heilpflanzen in Kombination verabreicht werden.

Weißdorn – Crataegus oxycantha
Der Weißdorn ist das pflanzliche Mittel bei funktionellen Herzbeschwerden, dass bei allen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems eingesetzt werden kann. Es lindert nicht nur die nervösen Herzbeschwerden, sondern stärkt auch die Herzfunktion. In der Phytotherapie werden die getrockneten Blüten und beblätterten Zweige, auch als Weißdornblätter mit Blüten bezeichnet, verwendet oder die getrockneten Früchte. Die Weißdornblätter mit Blüten enthalten Flavonoide, oligomere Procyanidine, biogene Amine, Triterpensäure, Polysaccharide, Phenolcarbonsäuren. Die Wirkstoffe der Weißdornfrüchte setzen sich ähnlich zusammen, enthalten jedoch weniger Flavonoide. Diese Inhaltsstoffe verbessern die Durchblutung der Herzkranzgefäße sowie des Herzmuskels und steigern die Pumpleistung des Herzens. So findet Weißdorn Anwendung bei:

  • Leistungsschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz im Stadium I–II nach NYHA)
  • funktionellen oder nervösen Herzbeschwerden
  • Herzrhythmusstörungen
  • Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion

Patienten müssen bei der Behandlung mit Weißdorn etwas Geduld aufbringen: Die Heilpflanze wirkt häufig erst nach 6 Wochen Anwendung.

Herzgespann – Leonurus cardiaca
Eine eher unbekannte aber wichtige Heilpflanze zur Behandlung von funktionellen Herzbeschwerden ist das Herzgespann (https://www.klein-naturarznei.de/kraeuterlexikon/herzgespannkraut.html). In der Phytotherapie werden die zur Blütezeit gesammelten oberirdischen Teile der Pflanze, das Herzgespannkraut, verwendet. Herzgespannkraut enthält Iridoide, Diterpene, Triterpene, Alkaloide, Bitterstoffe, Flavonoide, Kaffeesäure-Derivate und Phenylethanoide sowie Gerbstoffe. Diese Inhaltsstoffe wirken leicht negativ chronotrop, schwach blutdrucksenkend und beruhigend sowie entkrampfend. Außerdem wird die Durchblutung des Herzens verbessert.

Traditionell wird Leonurus bei nervöser Anspannung, bei leichten Herzbeschwerden nervösen Ursprungs, Bluthochdruck sowie Herzklopfen, angewendet – auch im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion, wenn eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen wurde. Aufgrund der krampflösenden Wirkung des Herzgespanns hilft es bei krampfartigen Verdauungsproblemen wie Blähungen und Koliken, was es auch zu einem wirkungsvollen Mittel beim Roemheld-Syndrom macht.

Da Herzgespann Wehen fördernd wirkt, sollte es in der Schwangerschaft nicht angewendet werden.

Melisse – Melissa officinalis
In der Pflanzenheilkunde werden die Blätter der Melisse (Melisse folium) verwendet. Sie enthalten ätherisches Öl, Gerbstoffe, Flavonoide, Triterpensäuren sowie Phenylcarbonsäuren. Schon Hildegard von Bingen empfahl die Heilpflanze als Mittel, welches „das Herz freudig stimmt" und Paracelsus pries sie als „die beste Pflanze für das Herz". Die Melisse hat eine beruhigende, krampf- und angstlösende, schlaffördernde, blähungswidrige und leicht antivirale Wirkung. Die krampflösenden und karminativen Eigenschaften helfen bei Blähungen und Völlegefühl, ein Aspekt, der auch bei verdauungsbedingten Herzbeschwerden interessant ist.

Baldrian – Valeriana officinalis
In der Pflanzenheilkunde werden der Wurzelstock und die dünnen Wurzeln (Valerianae radix) der Baldrianpflanze arzneilich verarbeitet. Die Inhaltsstoffe der Baldrianwurzel sind vielseitig: ätherisches Öl, Lignane, Alkaloide, Flavonoide sowie Valerensäure. Sie wirken beruhigend auf das zentrale Nervensystem. Baldrian hilft daher bei nervös bedingten Unruhe- und Spannungszuständen sowie bei Ein- und Durchschlafstörungen. Es wirkt zudem mild blutdrucksenkend. Auch nervöse Herzbeschwerden können Linderung durch Valeriana erfahren. Darüber hinaus ist Baldrian krampflösend, wirkt als Muskelrelaxanz und lindert nervöse Magenbeschwerden.

Genauso wie die Melisse wird Baldrian traditionell gerne mit Weißdorn kombiniert.

Passionsblume – Passiflora incarnata
Arzneilich werden die getrockneten, zerkleinerten oder geschnittenen, oberirdischen Teile der Pflanze (Blättern, Blütenteile und Fruchtteile) verwendet. Die Inhaltstoffe des Passionsblumenkrauts sind überwiegend Flavonoide, cyanogene Glykoside, freie Aminosäuren und Polysaccharide. Die Passionsblume wird beruhigend, angsthemmend und blutdrucksenkend und wird bei Nervosität, Einschlafstörungen und Schlaflosigkeit eingesetzt.

Fertigarzneimittel bei funktionellen Herzbeschwerden
Bei nervös bedingten Herzbeschwerden hat sich das traditionelle pflanzliche Präparat Oxacant® Sedativ Liquid bewährt, dass Bestandteile der herzwirksamen Heilpflanzen von Weißdorn, Herzgespann, Melisse und Baldrian enthält. Eine Dosierung von 3-mal täglich 20 bis 30 Tropfen ist hier empfehlenswert. Um begleitende nervöse Störungen mit Unruhe und Verstimmungszustände entgegenzuwirken, bietet sich die Gabe von Hyperforat® Nervohom an: 2 ml. einmal täglich intramuskulär, subcutan bzw. langsam intravenös injizieren.

Heilpflanzen bei Herzinsuffizienz
Das traditionell wohl am meisten verordnete Phytotherapeutikum bei nachlassender Leistungsfähigkeit des Herzens und bei Herzinsuffizienz ist sicher der Weißdorn. Eine Langzeittherapie mit Weißdornextrakten bei Herzinsuffizienz NYHA I-II trägt zu einer Verbesserung der Beschwerden und der Lebensqualität bei. Darüber hinaus zählen aber auch u.a. Maiglöckchen oder Strophantus zu den phytotherapeutischen Mitteln, die die Beschwerden einer leichten Herzinsuffizienz oder eines Altersherzen lindern können.

Maiglöckchen – Convallaria majalis L.
Arzneilich verwendet wird das zur Blütezeit geerntete getrocknete Kraut (Blätter, Blüten und Stängel) des Maiglöckchens. Es enthält herzwirksame Glykoside wie Convallatoxin, Convallatoxol u.a. Cardenoliden sowie Steroidsaponine. Wie bei allen Herzglykosiden ist eine enge therapeutische Breite gegeben, da die wirksame Dosis nahe bei der liegt, die für die Vergiftungssymptome verantwortlich ist. Zu den anerkannten medizinische Anwendungen gehören die leichte Herzinsuffizienz (bei Belastung NYHA-Stadium II), Altersherz und chronisches Cor pulmonale. Bei einer Therapie mit Digitalis-Herzglykosiden, bei Kaliummangelzuständen und während der Schwangerschaft und Stillzeit darf Maiglöckchenkraut nicht eingenommen werden. Bekannte Nebenwirkungen sind u.a. Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen. Wegen der Vergiftungsproblematik kommt das Maiglöckchenkraut heute oftmals in homöopathischen Fertigarzneimitteln in Kombination mit anderen Heilpflanzen zum Einsatz, wie beispielsweise in Convastabil® Pektahom.

Strophanthus – Strophanthus gratus/Strophanthus kombé
Strophantin, der Wirkstoff der Strophantus-Samen, leistet bei funktionellen und nervös bedingten Herzbeschwerden, Herzrhythmusstörungen und leichten Formen der Herzinsuffizienz gute Dienste. Die beiden medizinisch verwendeten Strophanthusarten enthalten das Herzglykosid Strophanthin. Man unterscheidet zwei verschiedene Arten: das k-Strophanthin des Strophantus kombé und das g-Strophanthin (Quabain) des Strophantus gratus. Strophanthin erhöht die Schlagkraft des Herzens, verlangsamt den Herzschlag und wirkt Blutdruck normalisierend. Besonders nervös bedingte Herzbeschwerden sowie die Angst davor lassen sich mit der Heilpflanze lindern. Als Phytotherapeutikum ist Storphantus heute kaum noch zu bekommen, weshalb es inzwischen überwiegend als homöopathisches Präparat eingesetzt wird.

Fertigarzneimittel zur Stärkung der Herzkraft
Ein hochdosiertes Weißdorn-Fluidextrakt ist Oxacant® mono. Zu Beginn der Therapie werden 3 x 40 Tropfen täglich – auch in Kombination mit Convastabil® Pektahom – verabreicht. Den flüssigen Zubereitungen als Weißdorn-Fluidextrakt wird von Therapeuten pharmakodynamisch eine bessere Wirkung als den Extraktpulvern in Tablettenform zugesprochen.

Heilpflanzen bei Herzrhythmusstörungen
Stehen symptomatisch leichte Rhythmusstörungen im Vordergrund, kann neben Weißdorn und Herzgespann auch an den einheimischen Besenginster gedacht werden.

Besenginster – Sarothamnus scoparius
Das arzneilich verwendete Kraut des Besenginsters enthält als wichtigste Inhaltsstoffe das Alkaloid Spartein und das biogene Amin Tyramin. Das Hauptalkaloid Spartein ist ein Antiarrhythmikum, das eine gesteigerte Erregbarkeit des Reizleitungssystems im Herzen reduziert. Das biogene Amid Tyramin wirkt leicht gefäßverengend und kann so einen zu niedrigen Blutdruck positiv beeinflussen. Es ist besonders wirksam bei eher niedrigem Blutdruck mit Tachykardie. Die Pumpkraft des Herzens wird durch Besenginster nicht gemindert. In Summe wirkt das Besenginsterkraut antiarrhythmisch, leicht negativ inotrop, und führt zu einer Erhöhung des venösen Drucks.

Cave: Da Besenginsterkraut die glatten Muskeln des Uterus kontrahieren kann, sollte auf eine Anwendung in der Schwangerschaft verzichtet werde. Auch bei Bluthochdruck und bei gleichzeitiger Anwendung mit MAO-Hemmern sollte das Kraut nicht eingenommen werden.

Fertigarzneimittel
Hier bietet sich das traditionell bewährte Präparat Spartiol® Cardiohom mit der Urtinktur von Sarothamnus scoparius (Besenginster)an. Spartiol® Cardiohom hat einen regulierenden Einfluss auf den Herzrhythmus, besonders bei tachykarden Zuständen. In Verbindung mit Weißdorn (Oxacant® mono) kann Spartiol® Cardiohom aber auch bei Bradykardien wertvolle Dienste leisten.

Nichts ist so heilsam, wie die Natur.